Brandenburg, halb drei. Kita vorbei?

Brandenburger Kita-Bündnisse warnen: Lange Betreuungszeiten über 8 Stunden massiv gefährdet

Mehrere Brandenburger Kita-Bündnisse und die LIGA für freie Wohlfahrtspflege Brandenburg schlagen Alarm:

Zum 31. Dezember 2025 läuft die Richtlinie zur Förderung verlängerter Betreuungszeiten (RL Kita-Betreuung) aus – ohne Anschlussregelung. Land und Kommunen verweisen aufeinander, doch eine Lösung für die Finanzierung bleibt aus. Damit geraten verlässliche Öffnungszeiten von 8, 9 oder 10 Stunden täglich in Gefahr.

Rechtsansprüche ohne Finanzierung – Familien werden im Stich gelassen

Zwar besteht weiterhin ein Rechtsanspruch auf längere Betreuung, doch ohne klare Finanzierung droht ab 2026 eine deutliche Reduzierung der Öffnungszeiten. Die bisherige Förderung des Landes soll nun auslaufen. Die Kommunen sehen sich aufgrund knapper Haushalte ebenfalls nicht in der Lage, die Finanzierung sicherzustellen.

„Verlierer sind mal wieder die Familien: Entweder leidet die Vereinbarkeit von Kind und Job – oder aber die Qualität in den Kitas. Werden die Öffnungszeiten beibehalten, verschlechtert sich die ohnehin schon angespannte Fachkraft-Kind-Relation deutlich. Familienfreundlich geht anders, Brandenburg.“ – Robert Witzsche, Elternvertreter, für das KiTAKOLLAPS-Aktionsbündnis

Realität verfehlt: Zwei Drittel der Kinder brauchen lange Betreuungszeiten

Der Bedarf ist eindeutig: Über 70.000 Kinder nutzten zum Stichtag 1. März 2025 wöchentlich 40 Stunden und mehr Betreuung – das sind zwei Drittel aller Kinder in Krippe und Kindergarten. Trotzdem gibt es im Gesetz nur zwei Betreuungsstufen (bis 6 Std. / über 6 Std.), die den tatsächlichen Personaleinsatz in langen Öffnungszeiten nicht abbilden.

Verschenkte Chancen im demografischen Wandel

Weniger Geburten führen zu sinkenden Belegungszahlen und eigentlich frei werdenden Personalressourcen. Diese könnten Qualität und Personalschlüssel verbessern – ganz ohne Mehrkosten. Stattdessen wurde die schon beschlossene Verbesserung des Krippen-Personalschlüssels wieder zurückgenommen. Träger müssen nun sogar Fachkräfte entlassen.

„Mit langen Öffnungszeiten und hoher Bildungsqualität waren die Brandenburger Kita ein echter Standortvorteil für junge Familien. Mit einer Bildungspolitik nach Postleitzahl verspielt Brandenburg sein Potenzial im ländlichen Raum.“ – Stefan Hoffschröer, Bereichsleiter Ost bei Fröbel, für das Bündnis Kita.Macht.Bildung

Auch Wirtschaft und Arbeitgeber betroffen

Fallen verlängerte Öffnungszeiten weg, hat das direkte wirtschaftliche Folgen:

  • Eltern können Arbeitszeiten nicht mehr einhalten
  • Arbeitszeitreduzierungen und Fachkräfteengpässe nehmen zu
  • Planungssicherheit sinkt
  • Regionen mit Arbeitskräftemangel geraten weiter unter Druck

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – ein zentraler Standortfaktor – ist akut bedroht.

Deutlicher Appell: Verantwortung übernehmen und handeln

Gemeinsam fordern wir Land und Kommunen auf:

  1. Dritte Betreuungsstufe gesetzlich verankern, um lange Öffnungszeiten abzusichern.
  2. Finanzierung strukturell reformieren – landeseinheitlich, verlässlich und kostendeckend.
  3. Sinkende Kinderzahlen für Qualitätssteigerungen nutzen, statt Personal abzubauen.
  4. Rechtsansprüche tatsächlich finanzieren – statt Verantwortung auf Träger abzuwälzen.

Das Auslaufen der Richtlinie „Kita-Betreuung“ macht einmal mehr deutlich: Brandenburg braucht endlich verlässliche gesetzliche Strukturen, damit Kinder und Familien auch künftig auf stabile Betreuungszeiten zählen können.

„Was wir in Brandenburg erleben, ist kein Randproblem – es ist ein bildungs- und sozialpolitischer Rückschritt. Die Politik darf sich jetzt nicht länger hinter Zuständigkeitsdebatten verstecken: Rechtsansprüche müssen finanziert werden und dazu braucht es endlich ein klares Bekenntnis von Land und Kommunen sowohl zu einer dritten Betreuungsstufe als auch einer Finanzierung, die der Realität in den Einrichtungen entspricht.“ – Andreas Kaczynski für die LIGA der freien Wohlfahrtspflege im Land Brandenburg

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