Der Podcast zum Nachlesen
aufgezeichnet am 3.1.2025 im Regine-Hildebrandt-Haus
Olaf Scholz (SPD)
Robert Witzsche (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Heute sitzen wir im Regine-Hildebrandt-Haus, der brandenburgischen SPD-Landeszentrale. Uns gegenüber sitzt Olaf Scholz, Bundeskanzler, Kanzlerkandidat der SPD und Direktkandidat im Wahlkreis 61. Schön, dass wir da sein dürfen.
Zum Einstieg starten wir mit einer kleinen Entweder-Oder-Runde – und vergessen dabei glatt, den Aufnahmeknopf zu drücken. Leider fehlen die Antworten auf folgende Fragen:
7 Uhr oder 9 Uhr? Potsdam oder Berlin, Gymnasium oder Gemeinschaftsschule? Reden oder Machen? Kita für die Kinder oder Kita für die Wirtschaft.
Den Knopf gedrückt haben wir dann bei:
Instagram oder Tagesschau?
Olaf Scholz (SPD)
Ich bin auf beiden Kanälen zu sehen und zu hören und wahrzunehmen. Und für mich ist wichtig, dass man dabei ist. Komme ich selbst natürlich selten dazu zum Beispiel die Tagesschau zum Aussende- Zeitpunkt zu schauen.
Robert Witzsche (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Mittagsschlaf oder Mittagsruhe?
Olaf Scholz (SPD)
Weder noch.
Catharina Kahl (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Looking for freedom oder Wind of Change?
Olaf Scholz (SPD)
2 große Hymnen, beides ist wichtig und gut.
Robert Witzsche (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Noten oder keine Noten?
Olaf Scholz (SPD)
Eher Noten.
Catharina Kahl (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Gießkanne oder Schlauch?
Olaf Scholz (SPD)
Das ist ein falscher Gegensatz. Ich glaube, dass man alle Kinder fördern muss und ihnen helfen muss, ihre Möglichkeiten zu entfalten, und dass man diejenigen, die besonders schlau sind, aber auch unterstützen muss, dass sie ihre Fähigkeiten entfalten können.
Catharina Kahl (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Vielen Dank für den schnellen Einstieg. Wir treffen uns ja etwas früher wieder als erwartet. Vor gut gut dreieinhalb Jahren haben wir uns schon mal unterhalten. Einige der Themen von damals sind auch heute noch brandaktuell, andere haben sich in ihrem Ausmaß normalisiert. Corona, gibt es zwar immer noch, hält die Welt aber nicht mehr dauerhaft in Atem. Seiner Zeit war die große Rede davon, dass nach der Pandemie gerade für die Jüngeren, also für die Kinder und Jugendlichen, etwas getan werden muss, da sie als Bevölkerungsgruppe besonders unter den Auswirkungen zu leiden hatten.
Wie ist dein Eindruck? Ist das erfolgt? Und wenn dann auch ausreichend oder hat die Zeitenwende wieder andere Prioritäten gefordert? Wo gibt es Aufholbedarf?
Olaf Scholz (SPD)
Zumindest mal: Es ist was passiert. Ich will einen herausgreifen, zum Beispiel das Stadtchancenprogramm, das gerade dort, wo viele, viele Herausforderungen auf einmal zusammenkommen hilft und das auch dazu geholfen hat, nach der Pandemie wieder in die Gänge zu kommen. Das war auch genau aus diesem Motiv mitentwickelt worden.
Es geht darum, dass wir was tun für Kitas. Das haben wir gemacht mit dem Kita Qualitätsgesetz, in dem es nicht nur um Qualität geht, und natürlich auch mit den Entscheidungen, dass jetzt die Grundschulen Ganztagsschulen in Deutschland werden sollen. Dafür stellt der Bund sehr viel Geld zur Verfügung, neben all den Fragen, die mit Digitalisierung an den Schulen zusammenhängen, und der Unterstützung des Baus von Schulen. Aber es endet ja nicht da.
Wir müssen den Übergang von Schule und Beruf hinkriegen, also das, was die Jugend-Berufsagenturen machen, so organisieren, dass möglichst alle jungen Leute, die nicht weitermachen wollen mit der Schule oder studieren wollen, auch einen Ausbildungsplatz ziemlich am Ende der Schulzeit schnell finden und wir brauchen natürlich Unterstützung für diejenigen, die sich qualifizieren wollen mit einer Mindestausbildungsvergütung, mit einer Unterstützung beim Bafög. Da ist was passiert, ist das genug? Nein.
Robert Witzsche (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Du hast das gerade angesprochen mit dem Kita Qualitätsgesetz hat der Bund erhebliche Mittel bereitgestellt, um die frühkindliche Bildung zu stärken. Dennoch bleibt die Kritik, dass diese Gelder oft nicht zielgerichtet ankommen, sie sich im Verwaltungsapparat des Föderalismus verlieren. Ist es nicht an der Zeit, Bildung zur Chefsache zu machen, um bundesweit einheitliche Qualitätsstandards zu garantieren? Oder glaubst du, dass Geld an der Stelle allein die bestehenden Herausforderungen wie den Fachkräftemangel und regionale Unterschiede erlösen kann? Und wie begegnest du den Vorbehalten der Länder, die ihre Hoheit der Bildungspolitik gefährdet sehen?
Olaf Scholz (SPD)
Es ist völlig unrealistisch anzunehmen, dass es eine einheitliche Regelung für Gitterqualität deutschlandweit geben kann. Müssen die Länder und die vor Ort verantwortlichen Gemeinden entscheiden. Der Bund kann dabei hilfreich sein und eben zum Beispiel mit Mitteln helfen.
Und dann gibt es ja noch ganz neue Herausforderungen, vor denen wir alle stehen.
Das ist der Mangel an Fachkräften. Da werden wir, glaube ich, kreativ sein müssen. Die Bereitschaft haben, Talente zu unterstützen, die auch Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen sind, müssen dafür Sorge tragen, dass wir gewährleisten, das Verlässlichkeit im Kita-Betrieb gewährleistet ist, dass Eltern sich darauf verlassen können, dass die Kita auch stattfindet und nicht ständig gucken müssen, wie sie alle Dinge neu organisieren. Und da kommt mehrere Zielsetzungen in Konflikt und ich finde, da muss man gucken, dass man möglichst viel erreicht, aber auf alle Fälle eine verlässliche Kita ist bei mir ganz oben prioritär eingeordnet.
Catharina Kahl (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Ja, vielen Dank. Ja. Als Kita Elternbeirat engagieren wir uns in verschiedenen Bündnissen, unter anderem den Bündnis Kita ist, dem Kita Kollaps, Aktionsbündnis und der bundesweiten Kampagne Bildungswesen jetzt.
Letztere hat sich in den vergangenen 2 Jahren aus einer Vielzahl von Bildungsbetroffenen gebildet, die er im September 2023 veröffentlichte. Wird getragen von fast 300 Organisationen. Gemeinsam fordern sie
1.) Schule und Kita INKLUSIV und ZUKUNFTSFÄHIG zu machen,
2.) eine AUSBILDUNGSOFFENSIVE für Lehrer*innen und Erzieher*innen,
3.) eine SONDERVERMÖGEN Bildung mit nachfolgend ausreichender Finanzierung sowie einen vom Bundeskanzler einberufenen BILDUNGSGIPFEL auf AUGENHÖHE.
Was sind deine Antworten auf die drängendsten Fragen der bundesdeutschen Bildungspolitik?
Welche der Forderungen würdest du als erstes angehen und sehen wir uns, solltest du erneut Kanzler werden bei einem Bildungsgipfel für ein gerechtes, inklusives und zukunftsfähiges Bildungssystem wieder?
Olaf Scholz (SPD)
Zunächst mal sind die angesprochenen Themen alle ziemlich wichtig und deshalb hab ich ja eben schon gesagt, was alles unterwegs ist. Daran mussten wir anknüpfen. Das muss auch weiterentwickelt werden. Eine Sache zum Beispiel find ich neben der Verlässlichkeit der Kita, neben dem Ganztag, neben der Reduzierung der Gebühren zum Beispiel auch für Kitas – unverändert zentral-, dass wir auch schauen, dass das mit dem Mittagessen an den Kitas und an den Ganztagsschulen klappt und dass das für die Eltern finanzierbar ist. Die Forderung, die die SPD jetzt aufgestellt hat, nach einem kostenlosen Mittagessen, ist ein großes Projekt, das die Mitwirkung vieler Beteiligter erfordert, das aber richtig ist und wo der Bund auch seinen Beitrag leisten sollte, um einen solchen Wechsel in Deutschland zu organisieren. Zusammenkommen müssen wir immer. Und dabei die Verfassung beachten, die natürlich beinhaltet, dass die Länder Bildungshoheit haben in Deutschland und wir deshalb eng miteinander kooperieren sollten. Das allerdings ist sehr wichtig und hier gibt es viele Formate, in denen das geschehen kann und soll.
Robert Witzsche (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Eine der Forderungen betrifft ein Sondervermögen Bildung. Das steht auch bei euch im Wahlprogramm. Wie stehst du in dem Zusammenhang zum Thema Schulden, die die nachfolgende Generation belasten könnten?
Olaf Scholz (SPD)
Ich glaube, dass wir jetzt investieren können müssen und deshalb ist es für mich ganz wichtig, dass wir. Klar aussprechen, was nun erforderlich ist. Wir müssen die Länder und die Gemeinden in die Lage versetzen, mehr Geld für Bildung ausgeben zu können. Deshalb wird es nicht gehen, ohne dass dazu auch Finanzierungsmöglichkeiten genutzt werden. Man kann auch sagen, dass die ziemlich auf der Hand liegen, denn die Vermögensbesteuerung, die Erbschaftssteuer sind Einnahmen, die die Länder haben und die sind natürlich dann zielgerichtet auch geeignet da zu helfen und deshalb ist meine Vorstellung, dass wir das zusammentun sollten auch mit den Möglichkeiten des Bundes und dafür sorgen sollten, dass, diese Mittel eingesetzt werden für die Verbesserung der Angebote im Bildungsbereich für die Verbesserung der Angebote im Bereich der Kita Qualität und das ist in der Tat aus meiner Sicht ganz zentral. Das bedeutet, dass wir sogar Mittel haben, die ohne Schulden finanziert werden können. Trotzdem glaube ich, werden wir ohne eine Reform der Schuldenbremse nicht in der Lage sein, die großen Herausforderungen zu bewältigen, die vor uns liegen. Und das muss auch klar ausgesprochen werden und darf nicht vernebelt werden.
Meine Aussage dazu ist: Wir werden mehr Geld für Sicherheit ausgeben müssen. Das tun wir auch schon 2% unserer Wirtschaftsleistung für Verteidigung. Wir müssen auch noch, solange der Krieg andauert und wohl auch darüber hinaus, die Ukraine unterstützen, damit sie ihre Unabhängigkeit nicht verliert. Aber das darf nicht auf Kosten zum Beispiel von Kindern und Jugendlichen, von Kitas und Bildung, nicht auf Kosten der Zukunftsfähigkeit des unseres Landes, wenn es um Forschung und um Hochschulen geht, nicht auf Kosten der Infrastruktur, nicht auf Kosten von Gesundheit, Pflege und Rente gehen. Und das heißt, dass wir uns unterhaken müssen, und wir werden deshalb die Maßnahmen ergreifen müssen, die das möglich machen. Dass wir das alles gleichzeitig schaffen, nicht entweder das eine oder das andere tun. Für mich deshalb also mehr Gerechtigkeit bei den Steuern, die ein Prozent, die am meisten verdienen können, einen besseren Beitrag leisten und eine Reform der Schuldenbremse.
Catharina Kahl (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Wir haben noch das Thema Inklusion, auf das wir eingehen wollen. Das finden wir in eurem Wahlprogramm ja nur einmal, und zwar bei den Geschichten, die Sport erzählen kann. Echte Teilhabe in einer inklusiven Gesellschaft, dieser Teil des Wahlprogramms reduziert sich vornehmlich auf Barrierefreiheit. Dabei ist Inklusion gesetzlich längst vorgeschrieben und wird gesellschaftlich immer wieder eingefordert. Warum hakt bei diesem Thema in nahezu allen Lebensbereichen und warum schaffen wir es vielleicht als Gesellschaft nicht, Inklusion auch und vor allem im Bildungsbereich uneingeschränkt zu gewährleisten?
Olaf Scholz (SPD)
Inklusion ist wichtig und sie gehört auch zu den Dingen, die sich aus der Behindertenrechtskonvention ergeben, die ich seiner Zeit als Arbeitsminister in Deutschland hab wirksam werden lassen. Und ich bin sehr stolz darauf, dass sich die Diskussion in Deutschland seither auch verändert hat. Wir müssen möglich machen, dass Inklusion eröffnet wird in einem Lebensbereich, und das gilt natürlich auch im Bereich von Kita und Bildung, als ein Angebot will ich allerdings dazu sagen, denn es gibt Familien, die sich dafür entscheiden, dass sie ihr Kind gerne in einer speziellen Einrichtung unterstützt bekommen wollen und das darf nicht verbaut werden.
Aber umgekehrt darf auch nicht die Möglichkeit verbohrt werden, dass man teil hat an dem Unterricht an den Kita-Angeboten, die alle anderen Kinder gleichzeitig nutzen, denn tatsächlich ist die frühe Erfahrung im Umgang mit Menschen mit Behinderung ganz zentral dafür, wie man weiter im Leben mit Menschen mit Behinderung umgeht. Und das darf gar nicht versäumt werden als Gesellschaft. Selbst wenn wir die besten Gesetze haben und alles endgültig, zum Beispiel auch in Richtung Barrierefreiheit gut entwickelt haben, wird es immer darauf ankommen, dass wir das Begreifen als eine Angelegenheit, die die ganze Bevölkerung – uns alle – angeht und nicht als eine Sache für einen Teil von uns, der im Übrigen ziemlich groß ist. Das muss man ja dazu sagen.
Und was die Inklusion betrifft, in den Arbeitsmarkt, müssen wir sehr viele Möglichkeiten unterstützen, dass Menschen mit Behinderung eine gute Perspektive haben, berufstätig sein zu können und auch immer unterstützt werden, dass sie zum Beispiel auch außerhalb von Werkstätten beruflich engagiert sein können. Das bleibt eine große Aufgabe, die ich sehr wichtig finde.
Robert Witzsche (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Über fast allem steht das Thema Fachkräfte. In unserem Podcast vor knapp vier Jahren sagtest du, eine gute Kita sei eine Kita mit ausreichend gut ausgebildetem Personal und lauter Frauen und Männern, die ihren Job dort gerne ausüben. Im Osten sorgt aktuell die sinkende Geburtenrate für freie Kitaplätze. Mehr Personal für weniger Kinder – könnte man denken. Eine echte Qualitätsoffensive – könnte man denken. Doch nein, weniger Kinder bedeutet auch, dass weniger Fachkräfte finanziert werden. Das Problem – zu wenig Fachkraft pro Kind – bleibt also. Zudem werden immer mehr verhaltensauffällige Kinder gemeldet, die sozialen Auffangsysteme sind überlaufen, Termine bei Psycholog*innen und Therapeut*innen in weiter Ferne.
Jetzt wäre also eigentlich der Zeitpunkt, Verbesserungen zu schaffen, um das System in der Hinsicht grundlegend zu verbessern – was hält uns ab?
Olaf Scholz (SPD)
Das Problem, mit dem wir uns weiter auseinandersetzen müssen, ist der Mangel an Arbeitskräften und Fachkräften im Bereich Erziehung und Bildung.
Das wird uns auch noch sehr lange beschäftigen. Und selbst wenn wir die Ausbildungskapazitäten so erhöhen, wie es erforderlich wäre und wofür ich mich schon sehr lange einsetze, wird es nicht ganz schnell gehen, dass wir überall genügend Fachkräfte haben.
Deshalb muss man erstmal gewährleisten und es bleibt die größte Aufgabe zu organisieren, dass es eine verlässliche Kita zum Beispiel gibt, eine verlässliche Grundschule, eine verlässliche Ganztagsschule, auf die die Eltern und die Schülerinnen und Schüler die Kinder in den Kitas bauen können und fest rechnen können, dass alles so kommt, wie man es sich vorgesehen hat. Und das glaub ich, bleibt jetzt erstmal die Aufgabe Nummer 1. Dann muss man gucken, wie kriegt man das hin?Und da hilft es natürlich, wenn an einigen Stellen die Zahl derjenigen, die dort die eine Kita besuchen wollen, zurückgeht. Das muss genutzt werden. Aber ich will mir das nicht so leicht machen und den Eindruck erwecken, dass jetzt weil in der einen Kita Entspannung ist, nicht tatsächlich überall in Deutschland vor allem noch Mangel das Thema ist.
Catharina Kahl (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Ja, eigentlich hast du es gerade schon angesprochen. Ich würd da gerne noch mal nachfragen und zwar besteht der das Fachkräfteproblem nicht nur in Kitas und Schulen.
Welche Möglichkeiten siehst du für die Gesellschaft und den Staat, bei der Diskussion um Fachkräfte regulierend einzugreifen und vielleicht besonders Berufe zu fördern, die es in Zukunft wirklich braucht, damit die Wirtschaft eben nicht die Menschen mit viel Geld lockt, aber das gesellschaftliche, soziale Leben nicht mehr funktioniert?
Olaf Scholz (SPD)
Es muss gut bezahlt werden in vielen Berufen, die lange schlecht bezahlt worden sind. Das gilt zum Beispiel für die Pflege. Aber das gilt auch für Erziehung. Und deshalb setze ich mich sehr dafür ein, dass wir dort eine ordentliche Bezahlung überall in Deutschland haben. Mit vielen Gesetzen haben wir das auch unterstützt und das führt auch dazu, dass dann sich viele für den Beruf entscheiden. Am Ende wird es nur so gehen. Wir werden ja niemanden abordnen, sondern nur einige Frauen und Männer überzeugen können, dass sie einen Beruf ergreifen, der ohnehin immer viel Herz und Engagement fordert und ohne die innere Einstellung gar nicht gut gemacht werden kann.
Dass wir aus demografischen Gründen Fachkräfte, Herausforderungen überall haben, ist offensichtlich.Für die Kitas gilt natürlich besonders und für die Schulen, dass dort auch alle gut qualifiziert sein müssen, Sprachvermittlung und all das andere zu betreiben, was erforderlich ist.
Aber am Ende wird es uns nur gelingen, diese Herausforderung zu bewältigen, indem wir attraktive Arbeitsbedingungen verbinden mit ausreichend und guten Ausbildungskapazitäten. Anders geht es nicht.
Was ich allerdings glaube, das habe ich ein bisschen schon vorher gesagt, wir dürfen uns nicht scheuen auch Frauen und Männer zu motivieren, die erst mal andere Berufe ergriffen haben
Robert Witzsche (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Geld und Verantwortung sind oft zentrale Dreh- und Angelpunkte für das Ge- oder Misslingen von Verbesserungen. Der Bund verweist in den Verantwortlichkeiten auf die Länder und die Länder auf die Kommunen. Die Kommunen wiederum wollen gern im Sinne ihrer Selbstverwaltung agieren, aber die Vorgaben und Gelder von Ländern und Bund haben. Die Finanzkraft hängt vor Ort jedoch allzu oft von der Ansiedelung von Wirtschaft und Industrie ab. Das schafft unterschiedliche Voraussetzungen, um die gleiche Aufgabe zu bewerkstelligen. Überall hört man, die Kommunen hätten klamme Kassen und müssten Einsparungen vornehmen. Meist trifft es dabei die Bereiche Kultur, Sport, Jugend und Soziales – also genau die Bereiche, die Familien betreffen.
Du warst Finanzminister und bist Bundeskanzler: Braucht es eine neue Finanzierungsstruktur, damit Kommunen ihre Aufgaben erledigen können? Wenn ja, wie könnte die aussehen?
Olaf Scholz (SPD)
Wichtig ist, dass alle ihre Verantwortung wahrnehmen. Das gilt insbesondere auch, wenn es um Finanzausgleiche geht zwischen den Ländern, zwischen den Kommunen und natürlich wirkt es sich immer aus, wenn dort keine Regelungen gefunden werden, die die Möglichkeit schaffen, dass dort wo weniger wirtschaftliche Erfolg existiert, gute Angebote gemacht werden können. Den Konflikt muss man eingehen, wenn es um Finanzausgleich geht. Überall in Deutschland, das Fairness in dieser Hinsicht herrscht. Was wir als Bund zusätzlich machen können und auch wollen, ist dafür zu sorgen, dass die Kommunen, die sehr hoch verschuldet sind, aus strukturellen Problemen der Vergangenheit, eine Entlastung bekommen, indem wir eine Altschuldenregelung vorschlagen und durchsetzen, die aber Solidarität auch in ganz Deutschland voraussetzt, weil sie bedeutet, dass die einen was kriegen, weil sie zu viele Schulden haben und die anderen, weil sie nicht so viele Schulden haben, eben nicht. Und da bin ich dafür, dass man aber zu einem solchen Schritt bereit ist und Fairness möglich macht. Ansonsten ist aus meiner Sicht ganz wichtig, dass wir uns an die Aufgaben machen, die sich uns stellen und nicht sagen, wir können nicht. Ich glaube, dass Kitas und Schulen für die Zukunft ganz zentral sind.
Robert Witzsche (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Der Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine führte zu einer massiven Investition in die Bundeswehr. Nun gibt es neben dieser Bedrohung noch weitere Herausforderungen, die im Besonderen nicht nur uns sondern vor allem die nachfolgenden Generationen mit seiner Härte treffen werden. Stichworte sind hier unter anderem Klima und Demokratie.
Brauchen wir nicht auch für diese Themen einen „WUMS“ und massive Investitionen, um unseren Kindern und Kindeskindern einen erlebbaren Lebensraum und ihnen Werkzeuge für die zukünftigen Herausforderungen zu geben?
Olaf Scholz (SPD)
Ja, ändert aber nichts daran, dass wir trotzdem alles dafür tun müssen, dass die Sicherheit unseres Landes und die Sicherheit in Europa gewährleistet bleibt. Und das wird nicht gehen ohne eine gut ausgestattete Bundeswehr als Teil eines Verteidigungsbündnisses wie der NATO. Jeder, der glaubt, dass wir uns vor dieser Aufgabe drücken können, macht aus meiner Sicht was falsch. Die wichtige Frage, auch meine Anstrengungen Bundestagswahl ist aber, ob man eine Entweder-Oder-Haltung einnimmt und also die These vertritt, dass es entweder nur Sicherheit gibt, oder das andere, oder ob wir uns umgekehrt zutrauen, die Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen. Das ist aus meiner Sicht möglich, aber natürlich nur, wenn alle sich unterhaken. Aalso ohne ein etwas gerechteres Steuersystem wird es nicht gehen. Ohne Innovationen, wie den von mir vorgeschlagenen Deutschlandfond, der Investition zum Beispiel in Stromnetze, in Wohnungsbau, in Wärmenetze, vom privaten und öffentlichen Mitteln finanzierbar macht wird es auch nicht gehen und natürlich auch nicht ohne, die schon von mir angesprochene, moderate Reform der Schuldenbremse. Aber alles zusammen kann uns in die Lage versetzen, dass wir nicht alles tun, was sich irgendjemand vorstellt, aber doch die Aufgaben, die für die Zukunft wichtig sind, bewältigen kann.
Catharina Kahl (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Ja, dann haben wir noch eine letzte Frage erstmal, und zwar Social Media ist Segen und Fluch zugleich. Es stellt sich immer mehr auch als große Gefahr für unsere Demokratie dar. Australien hat mit Beginn des Jahres das Nutzungsalter für Social Media auf 16 Jahre festgesetzt, auch wegen konkreter Vorkommnisse unter Jugendlichen. Was hältst du für den besten Umgang mit der Herausforderung Social Media – ausschließen, regulieren oder begleiten? Was bräuchte es dafür?
Olaf Scholz (SPD)
Social Media sind ein Teil der modernen Realität geworden und ich hab mich immer sehr skeptisch gezeigt, wenn die Lösung für die Probleme das verbieten sein soll. Wir müssen ja mit der Realität, in der wir leben, umgehen lernen. Und so wie wir früher alle, wenn wir zusammengesessen haben, jemanden. Hat schon erzählt, gesagt haben, das ist doch Quatsch, müssen wir in der Lage sein, bei all den Behauptungen, die zum Beispiel in den sozialen Medien herumgeistern, einfach mal zu sagen, „das ist doch Quatsch“, Das wird nicht irgendeine Behörde einem abnehmen können. Diese Information wird automatisch mitgeteilt, ist falsch. Wer will das entscheiden? Sondern das ist etwas, was wir als Teil unserer Fähigkeit zur Vernunft auch lernen müssen. Schon im Kindesalter und auch als Erwachsene bleiben wir konfrontiert mit lauter Fake News und da muss man sich eben zurechtfinden. Deshalb bin ich eher dafür, dass wir die Dinge begleiten und uns in die Lage versetzen, vernünftige Urteile zu führen, trotz der möglicherweise falschen Informationen, die uns erreichen und das Gleiche gilt auch für die Frage, wie wir regulatorisch vorgehen sollen. Missbrauch muss verhindert werden Dinge, die außerhalb des Netzes strafbar sind, sind auch im Netz strafbar und die müssen verfolgt werden können. Dazu müssen wir uns die Möglichkeit verschaffen. Und das Gleiche gilt dann natürlich für die Fragen der Ausgestaltung von Algorithmen. Es darf sich eben nie der Verdacht erhärten, dass die manipulativ sind. Und deshalb ist es gut, dass in der europäischen Gesetzgebung genau diese Fragen aufgegriffen werden.
Robert Witzsche (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
So viele Fragen mehr über die Zeit. Die Zeit ist vorbei, wir sagen vielen Dank, vielen Dank, dass wir hier sein durften. Danke, dass wir mit dir sprechen durften. Wir wünschen dir einen guten Wahlkampf, einen fairen Wahlkampf und drücken die Daumen.
Catharina Kahl (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Vielen Dank auch von mir und alles Gute für die Zeit.
Robert Witzsche (KiTa-Elternbeirat Potsdam)
Ach, wir haben da ja noch was vergessen.
Es gibt noch eine Frage von einem Kind, dem Ole und die würden mit dem Olaf jetzt vorspielen.
Ole (9 Jahre)
Hallo, Olaf Scholz, hier spricht Ole. Ich bin 9 Jahre alt und ich hab 2 Fragen an dich. Weißt du noch wieviel du geflogen bist? Wie viele Flüge? Und die andere Frage ist, was war das ganz Besondere auf deinen ganzen Flügen oder Ausflügen? OK, Tschüss.
Olaf Scholz (SPD)
Ich weiß nicht, wieviel ich geflogen bin. Das sind sehr, sehr viele Flüge. Allerdings wird das immer öffentlich mitgeteilt, sodass jeder selbst nachrechnen kann. Aber natürlich gehört es zur Aufgabe eines Bundeskanzlers in aller Welt mit anderen Regierungschefinnen und Regierungschefs und mit vielen anderen Menschen zu sprechen und das tue ich auch. Und für mich ist das auch das beeindruckendste – man lernt was von der Welt, wenn man in der Welt unterwegs ist.
Vielen Dank. Tschüss, Tschüss.