
Man muss wirklich zweifeln, ob wirklich schon jeder verstanden hat, dass Homeoffice keine Kinderbetreuung ist. Arbeitnehmer*innen, die von ihren Arbeitgebern die Möglichkeit bekommen, von zu Hause aus zu arbeiten, tun dies – wenn sie sich um kleine Kinder kümmern – vor allem in den Rand-, Nacht- und Wochenendzeiten. Mal ganz abgesehen davon, dass dies arbeitszeitrechtlich hoch problematisch ist, ist es vor allem eins: Ungesund. Und auch wenn es Familien gibt, die für sich einen funktionierenden Ablauf gefunden haben, so gibt es eben auch die, denen das mehr als schwer fällt. Mindestens ein Beteiligter verliert immer: Das Kind, die Familie, die Gesundheit oder die Arbeit.
Wer seinen Arbeitsvertrag erfüllen muss, kann nicht nebenbei Kinderbetreuung leisten. Die aktuell angebotenen Lösungen sind nicht nur zu wenig, sondern auch nicht zu Ende gedacht.
10 Wochen pro Elternteil Freistellung mit 67% des Gehaltes? Man muss sich nicht nur ganz genau durchrechnen, ob man mit zwei Dritteln des eigentlichen Gehaltes überhaupt über die Wochen durchkommt (Es gibt zwar eine Ober-, aber keine Untergrenze. Können Betroffene aufstocken, wenn sie unter Hartz IV-Satz fallen?), sondern ist auch auf einen sehr kooperativen Arbeitgeber angewiesen. Dieser muss das Gehalt nämlich nicht nur vorstrecken, sondern entscheidet auch, ob es wirklich keine andere Möglichkeit gibt. Können Arbeitnehmer*innen also theoretisch auch von zu Hause aus arbeiten, wird der Arbeitgeber ihn oder sie im Zweifelsfall zum Homeoffice verpflichten. So lange es keinen Lockdown aller nicht-lebensnotwendigen Bereiche gibt, muss die Arbeit ja irgendwie gemacht werden. Und von Selbständigen haben wir da noch gar nicht gesprochen – für die wird es ganz schnell wirtschaftlich existenziell.
10 zusätzliche Kind-krank-Tage? Eltern haben einen Anspruch darauf, weitere 10 Tage „Kind krank“ zu bekommen. Der Anspruch soll auch für die Fälle gelten, in denen eine Betreuung des Kindes zu Hause erforderlich wird, weil die Schule oder der Kindergarten pandemiebedingt geschlossen ist oder die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt wurde. Das Krankengeld zahlt in den meisten Fällen die gesetzliche Krankenkasse – was per se schon fragwürdig ist. Bei Privatversicherten wird es gleich noch viel schwieriger. Und: Das Kind ist doch gar nicht krank!?
Schon in der ersten Welle hat sich gezeigt, welche Herausforderungen und Auswirkungen die „erwartete“ Kombination von Homeoffice und Kinderbetreuung mit sich bringt. Und dennoch fehlen auch jetzt noch praktikable Lösungen für Kinder, Eltern und Arbeitgeber. Wir und viele andere Elternvertreter in Deutschland hatten u.a. folgende Vorschläge: Freistellung eines Sorgeberechtigten für die komplette Schließzeit, bei vollem Lohnausgleich und Arbeitsplatzsicherung. Betreuungsanspruch für Soloselbstständige und Arbeitnehmer*innen, die nicht freigestellt werden können sowie Berücksichtigung der besonderen Situation von Alleinerziehenden und Kindern mit besonderen Bedarfen. Wir Eltern wollen uns mit voller Energie der Betreuung, Beschulung und Bildung unserer Kinder widmen. Dafür jedoch braucht es Lösungen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen, und nicht die Wirtschaftskraft. Und jetzt entschuldigt uns bitte. Wir müssen zurück an die Arbeit. Am Wohnzimmertisch. Um den herum es aussieht wie im Kindergarten.