Gemeinsam für Familien und Kinder

Mit Sorge schauen wir in den vor uns liegenden Herbst und Winter. Die gefühlte Sicherheit aus Impfungen und fast zweijähriger Pandemie-Erfahrung gepaart mit einer gewissen Lethargie im Umgang mit Schutzmaßnahmen und Verhaltensweisen werden aus unserer Sicht zu einer ungesunden Mischung, die vor allem wieder die Jüngsten vor große Herausforderungen stellen wird.

Wir schreiben, weil wir das Gefühl haben, dass an vielen Stellen gar nicht oder zu langsam gehandelt wird. Die Zahlen steigen – trotz Impfung – und trotzdem bleibt das meiste beim Alten. Fast alles ist wieder – für Geimpfte nahezu uneingeschränkt – möglich. Durch die weggefallenen Bürgertests fehlt jedoch der Überblick. Infektionen, die jetzt gefunden werden, kommen entweder durch Symptome oder durch die Schüler*innen-Tests zutage. Der Großteil der Menschen unter 6 und über 18 Jahren dagegen fällt derzeit durch das Test-Raster – aus unserer Sicht extrem gefährlich. Bei den Gedanken, die uns umtreiben, geht wieder viel durcheinander. Manches lässt sich schnell und einfach umsetzen, anderes ist komplizierter. Manches kann im Kleinen – zum Beispiel in den Einrichtungen – angegangen werden, anderes liegt in der Verantwortung der Landeshauptstadt und wiederum anderes ist auf Landes- oder Bundesebene zu lösen. Und bei dem einen oder anderen Thema werden wir vermutlich auch (wieder) unsere eigentlichen Kompetenzen als Elternbeirat überschreiten.

Aber wir sind neben der Funktion als Elternvertreter*in auch Eltern, Familien, Mann, Frau und vor allem Bürger. Daher sprechen wir einfach aus, was wir denken, und hoffen, bei dem einen oder anderen Punkt Verbündete zu finden.

Testung der Kita-Kinder

Bei diesem Thema ist auf der Landesebene einiges schief gegangen. Aus purem Aktionismus wurden trotz eindringlicher Hinweise aus der Elternschaft Millionen von Nasen-Tests angeschafft, die noch immer kistenweise bei den Trägern lagern. Dieser umfangreiche Bestand hat wiederum dazu geführt, dass die zweite und dritte Charge (nun die empfohlenen Lolli-Tests) spät und in kleineren Mengen ausgeführt wurden. Eltern, die ihre Kinder gern regelmäßig testen wollen, wurden von der ersten Charge verschreckt. Und wenn Träger und Einrichtungen nicht aktiv die Lolli-Tests bewerben und verteilen, bleiben tausende Kita-Kinder ohne echtes Monitoring.

Wir brauchen Lolli-Tests für alle Kinder unter 6 Jahren, in ausreichender Stückzahl und ohne bürokratische Hürden aktiv an die Eltern verteilt. Die lagernden Nasentests müssen pragmatisch eingesetzt werden (z.B. für Personal, Eltern oder andere Geschäftsbereiche der Träger) und dürfen nicht als Lagerware verfallen.

Testung aller Mitarbeiter*innen in Kitas (und Schulen)

Erzieher*innen und Lehrer*innen arbeiten oft ähnlich nah an Menschen wie z.B. Mediziner*innen oder Pflegekräfte – und werden, wenn es um den Anspruch auf kostenfreie Tests geht, dennoch anders behandelt. Ein regelmäßiger Test wird aktuell nur für ungeimpfte Mitarbeiter*innen verlangt. Einige Träger bieten derzeit freiwillig auch Testmöglichkeiten für geimpfte Erzieher*innen – hier fehlte lange die Sicherheit der Abrechenbarkeit über die Betriebskostenabrechnungen durch eine Positionierung der Landeshauptstadt.

Die Kostenübernahme für eine regelmäßige Testung aller Mitarbeiter*innen in Schulen und Kitas muss – äquivalent zu allen anderen Beschäftigten in Einrichtungen nach §36 Abs. 1 IfSG – durch Bund und Länder im Rahmen der Corona-Testverordnung gesichert werden. Eine verpflichtende, regelmäßige Testung auch der geimpften Mitarbeiter*innen sollte per Landesverordnung oder Allgemeinverfügung wieder eingeführt werden.

Booster-Impfungen kommunal organisieren

Dank vielfältigem Einsatz unterschiedlichster Akteure konnte im Frühjahr 2021 erreicht werden, dass Erzieher*innen und Lehrer*innen in der Impfpriorisierung nach vorn rutschen. Somit sind sie auch eine der ersten Gruppen, die Anspruch auf eine Booster-Impfung haben, um sich – aber auch die bislang ungeimpften Kinder – effektiver zu schützen.

Die Mitarbeiter*innen müssen proaktiv auf die dritte Impfung hingewiesen werden. Sobald der medizinisch empfohlene Abstand von 6 Monaten zur zweiten Impfung erreicht wurde, soll allen Beschäftigten aus Kitas und Schulen ein Angebot für die Booster-Impfung unterbreitet werden. Mobile Impfteams sowie das Einrichten einer kommunalen Impfstelle helfen, die Impfungen zeitnah und niedrigschwellig anzubieten.

Maskenpflicht in Kitas und Schulen

Die Maskenpflicht für Erzieher*innen war einer der meist diskutierten Punkte im Rahmen der “Offene Kitas – aber sicher”-Kampagne im Frühjahr. Die medizinische Notwendigkeit stand dem pädagogischen Anspruch entgegen und alle – Erzieher*innen, Kinder und Eltern – waren froh, als diese Vorgabe entfallen konnte. Unsere Ansicht – damals wie heute – ist jedoch, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in Kitas in den allermeisten Momenten unproblematisch ist.

Eine Tragepflicht (für Personen ab 18 Jahren) mindestens auf allen Wegen, in Pausenräumen sowie in Gesprächen mit Eltern und Kolleg*innen ab einer bestimmten Inzidenz kann als Vorsichtsmaßnahme – vergleichbar zu den Regelungen für Schulen in der 3. SARS-CoV-2-UmgV (§24 Abs. 4) – schnell und problemlos umgesetzt werden.

Quarantäne-Regelung bei geimpften Mitarbeiter*innen

Wir alle lernen täglich dazu – vor allem bei Fragen, wie gut die Impfung einen selbst und andere schützt, ergeben sich immer wieder neue Erkenntnisse. Wenn den Zahlen aus den Medien zu glauben ist, steigt die Zahl der Impfdurchbrüche stetig. Und auch wenn Geimpfte weniger schwere Verläufe zeigen und im Vergleich zu Ungeimpften auch weniger ansteckend sein sollten, so bietet die Impfung allein keine absolute Sicherheit.

Geimpfte Mitarbeiter*innen aus Kitas und Schulen sollten daher als direkte Kontaktperson (KP1) von Infizierten grundsätzlich vergleichbaren Quarantäne-Vorgaben zu ungeimpften Mitarbeiter*innen unterliegen. Die Gefahr eines Impf-Durchbruchs im Umfeld zu ungeimpften Kindern kann so vermieden werden.

Transparente Quarantäne-Regeln

In den letzten Wochen erreichen uns Nachfragen von Eltern, wie sie sich im Falle von Infektionen im direkten Schul- oder Kita-Umfeld verhalten sollen. Während die einen vom Gesundheitsamt per E-Mail über die ausgesprochene Quarantäne informiert werden, erhalten andere von der Schulleitung eine Aufforderung zu Hause zu bleiben und wiederum andere werden von Elternvertreter*innen per Messenger über die vom Gesundheitsamt ausgesprochene Quarantäne in Kenntnis gesetzt. Selbstverständlich ist das keine repräsentative Bestandsaufnahme und es kann sich hier auch um Einzelfälle handeln.

Wir brauchen eine transparente, klare Kommunikation, wer was in welcher Situation tut. Wer meldet positive Schnelltests wohin und was passiert danach? Wann und wo werden PCR-Tests für Betroffene angeboten? Wer spricht die Quarantäne für Kontaktpersonen aus und welche Regelungen gelten dann für wen? Um Eltern, aber auch Kita-Leitungen, Erzieher*innen und Lehrer*innen, die vielen Fragen zu beantworten, beteiligen wir uns gern an einer gemeinsamen, aktiven Kommunikation über das Prozedere.

Mobile Luftfilter

Seit fast einem Jahr fordern Elternvertreter*innen die Finanzierung von mobilen Luftfiltern für Kita- und Schulräume – und immer wieder werden diese mit Verweis auf ein Gutachten des Umweltbundesamtes aus dem Herbst 2020 abgelehnt. Bund und Brandenburg haben sich spät, zögerlich und mit Blick auf die damit verbundenen Kosten entschieden, mobile Luftfilter nur mit minimalem Einsatz zu fördern. Dabei stehen dem Gutachten, welches mobile Luftfilter nicht einmal grundsätzlich ablehnt, viele – auch hochwissenschaftliche – Expertisen gegenüber, die den Einsatz mobiler Geräte durchaus empfehlen. Und auch Erfahrungen aus der Praxis – u.a. auch in Potsdam – zeigen, dass der Einsatz mobiler Geräte bei geringem Kosteneinsatz durchaus positive Effekte erzielen kann.

Solange Bund und Land sich hier nicht für eine umfangreichere Förderung entscheiden, müssen Anschaffung und Betrieb bzw. Wartung der Geräte als Betriebskosten durch die Landeshauptstadt anerkannt werden. Gemeinsam müssen wir darauf hinwirken, dass Bund und Land bei der Förderung mobiler Luftfilter nachbessern.

Neuerfindung der Bürgertests

Vor knapp einem Jahr war Potsdam schon einmal Vorreiter bei der Einführung kostenfreier Bürgertests. Auch dadurch konnten die Auswirkungen der zweiten und dritten Welle verringert werden. Die Einstellung der vom Bund finanzierten Bürgertests war mit Blick auf das dadurch mögliche Monitoring eine fatale Fehlentscheidung. Hier wurde der Fokus zu sehr darauf gelegt, den Druck auf die Ungeimpften zu erhöhen.

Wir halten die Wiedereinführung kostenfreier Bürgertests mit verändertem Modell für einen guten Weg, um endlich wieder einen echten Überblick über die Infektionen zu erhalten. Potsdam kann hier wieder Vorreiter sein. Wir schlagen vor, allen Einwohner*innen – egal ob geimpft oder umgeimpft – zwei Tests pro Woche kostenfrei anzubieten. Beim kostenfreien Test gibt es jedoch nur die Information (z.B. per E-Mail oder SMS), ob eine Infektion vorliegt oder nicht. Wer ein Zertifikat (z.B. gemäß §6 SARS-CoV-2-UmgV oder §2 SchAusnahmV) benötigt, kann dieses gegen Zahlung des üblichen Betrages erwerben. Ein ähnliches Modell wurde bereits früher in diesem Jahr u.a. in Finnland praktiziert.

All das sind spontane, erste Ideen, um der vierten Welle in Kitas, Schulen und der Gesellschaft etwas entgegen zu setzen. Während die politisch Verantwortlichen jetzt – nicht zu unrecht – wieder auf den Schutz der Älteren hinweisen, fallen Kinder, Jugendliche und Familien erneut hinten runter. Es liegt an uns, einen erneuten Lockdown, geschlossene Kitas und Distanzunterricht zu verhindern. Dafür reicht es leider nicht, immer wieder nur zu beteuern, dass man all das nicht noch einmal haben will.

Die Potsdamer 7-Tage-Inzidenz (so schwammig sie aktuell ist) liegt heute höher als Ende Januar, die Zahl der wegen COVID-19 intensivmedizinisch behandelten Personen ist höher als Anfang März. Es bleibt keine Zeit zu warten, wir müssen jetzt handeln.

Liebe Verantwortliche in Politik, Verwaltung und bei den Trägern: Lassen Sie uns bitte kurzfristig in den Austausch gehen, nach Ideen suchen und gemeinsam einen Plan entwickeln, wie wir Kinder und Familien dieses Mal besser schützen – vor dem Virus und vor weiteren sozialen Einschränkungen.

Catharina Kahl, Johanna Klammer, Jens Borchert-Pickenhan, Farid Fatni,
Christian Gottschling, Konstantin Schleich und Robert Witzsche
für den Vorstand des KiTa-Elternbeirats Potsdam

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