Familien entlasten. Aber wie?

Es sind besondere Zeiten – mal wieder, immer noch. Der Krieg in der Ukraine sorgt weltweit für steigende Preise. Vor allem die Heiz- und Energiekosten explodieren, aber auch der ganz normale Wocheneinkauf ist wesentlich teurer als noch vor einem Jahr. Mit Blick auf den Winter diskutieren Bund und Land aktuell Hilfsprogramme, mit denen die Situation für möglichst viele möglichst etwas erträglicher gestaltet werden soll. 

Das Land Brandenburg möchte ergänzend zum „Doppel-Wums” des Bundes ein eigenes Programm in Höhe von zusätzlich 1 Milliarde Euro auflegen. Eine Idee für dieses Paket ist die Entlastung von Familien mit Kita- und Hortkindern, indem die Elternbeiträge vieler Familien übernommen werden sollen.

So weit, so gut. Wir begrüßen dieses politische Engagement ausdrücklich. Und doch gibt’s ein Aber. Oder zwei. Oder drei.

Bislang ist nicht viel bekannt darüber, wie das Land sein Vorhaben umsetzen will. Man hört davon, dass die Beitragsbefreiungsgrenze, die derzeit bei 20.000 € Netto-Haushaltseinkommen liegt, temporär angehoben werden soll. Auf 30.000 € netto, vielleicht auf 35.000 € netto. Und es soll keine Gießkannen-Förderung geben, sondern die Familien erreichen, die es besonders nötig haben. 

Aber (1) funktioniert das so? Gehören nicht vor allem auch die Familien, die noch weniger als 20.000 € netto Haushaltseinkommen haben, zu denen, die jetzt weitere Unterstützung gebrauchen können? Sie würden – nach aktuellem Kenntnisstand – leer ausgehen.

Aber (2) reicht das so? Erreicht die Hilfe so möglichst viele Familien? Liegt man nur 1 € über der neuen, temporären Beitragsbefreiungsgrenze zahlt man wahrscheinlich weiterhin den aktuellen Beitrag, der je nach Träger in der Einkommensklasse auch schon mal bei weit mehr als 100 € pro Monat liegt. 

Aber (3) kommt das Geld in voller Höhe den Familien zugute? Oder wird ein Teil für Verwaltungskosten abgezogen, um Landkreise und Träger für ihren „Mehraufwand” zu entlohnen? Und wer kontrolliert eigentlich, ob das Geld am Ende wirklich weitergereicht wird, ob Eltern unter der neuen, temporären Beitragsbefreiungsgrenze wirklich temporär befreit werden? Schließlich klappt schon jetzt die Umsetzung der Kita-Beitragsbefreiungverordnung (Kita-BBV) bei weitem nicht überall. 

Was also tun? Auf jeden Fall weiter denken. Vielleicht auch um die Ecke. Vielleicht bekommt man es ohne Landkreise, Kommunen und Träger organisiert – ganz pragmatisch und ohne Verwaltungsvervielfachung. Vielleicht findet man auch einen Weg, nicht nur die untersten Einkommen zu entlasten, sondern auch den Familien in der Mittelschicht. Vielleicht sogar beides zusammen.

Wie wäre es, alle Familien mit Kindern unter 12 Jahren mit einer monatlichen, festen Summe – ausgezahlt zum Beispiel über die Familienkassen – zu unterstützen? Von z.B. 50 € pro Kind und Monat profitieren dann die Familien mit geringem Einkommen am meisten – und zwar sogar (und vor allem) die, die jetzt schon beitragsbefreit sind und die dennoch jeden Euro gebrauchen können. 

Es ist nur eine Idee – vielleicht nicht ganz zu Ende gedacht. Wie immer freuen wir uns, wenn mit uns gesprochen wird, wir mitgenommen werden. Und vor allem, wenn das Geld bei den Familien ankommt, und nicht im Städte- und Gemeindesäckerl verschwindet.

Foto: © Landtag Brandenburg

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