Damit Inklusion kein Zufall bleibt …

Bei immer mehr Kinder in Kitas und Schulen werden Auffälligkeiten diagnostiziert. Die Ursachen dafür sind vielfältig – der Umgang damit auch. Oft bleiben diese Auffälligkeiten zu lange unentdeckt und es kann erst reagiert werden, wenn „einfache” Lösungsansätze nicht mehr funktionieren.

Wie lässt sich dem begegnen? Wie gelingt es, Auffälligkeiten zu erkennen bevor sie sich verfestigen? Was braucht es, um Ursachen frühzeitig zu begegnen? Womit stärkt und stützt man Fachkräfte in ihrem inklusiven Arbeitsalltag? Ein derzeit häufig genannter Ansatz: Eine Fachkraft für Inklusion – on top zum eigentlichen Personal. Doch von vorn.

Mit dem Kinder-und Jugendstärkungsgesetz hat der Bundesgesetzgeber zum Juni 2021 die Pflicht zur inklusiven Kindertagesförderung neu geregelt. In § 22a Abs. 4 SGB VIII ist seither bestimmt, dass Kinder mit Behinderungen und Kinder ohne Behinderungen gemeinsam gefördert werden sollen. 

Diese gemeinsame Betreuung und Förderung aller Kinder stellt das System der Kindertagesförderung –ganz besonders in Zeiten des Fachkräftemangels – vor Herausforderungen, für deren Lösung es dringend Unterstützungen für die Einrichtungen und Familien bedarf – so schnell wie möglich und vor allem unbürokratisch.

Die Etablierung einer Stelle für eine Fachkraft für Inklusion in jeder Einrichtung – und deren Finanzierung – könnte die Kitas und Horte bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben unterstützen. Diese im Bereich der Inklusion ausgebildete Fachkraft wäre als Teil des multiprofessionellen Teams in der Lage, ihre Kolleg*innen schnell, unbürokratisch und vor allem situationsangemessen zu unterstützen, wenn diese Hilfe und Beratung benötigen. 

Aufgabenfelder dieser Fachkraft könnten u.a. folgende Themen sein:

  • Beobachtung der Kinder in verschiedenen Situationen des Tages mit dem Ziel Auffälligkeiten und Veränderungen zu erkennen – bevor sich diese verfestigen und auch, wenn sie vorrübergehend auftreten
  • Beobachtungen des pädagogischen Handelns der Fachkräfte der Einrichtung und deren Beratung
  • Unterstützung der Kolleg*innen bei der Planung und Durchführung von Elterngesprächen
  • Niederschwellige Erstberatung der Familien auf der Suche nach Unterstützung
  • Koordination der Zusammenarbeit mit externen Stellen (wie Frühförderstellen, Therapeuten, o.ä.)
  • Begleitung der Fachkräfte bei Förderplanung und -entwicklung
  • Durchführung interner „Kurzfortbildungen“
  • Durchführung von Themenelternabenden, um den Familien eventuelle Ängste zu nehmen und sie von den Chancen zu überzeugen

Die diesen Aufgabenfeldern zugrunde liegenden Bedarfe bestehen permanent – können meist aber aus Ressourcenmangel gar nicht oder nur nebenbei durch die ohnehin schon belasteten Fachkräfte geleistet werden.

Derzeit können sich Potsdamer Einrichtungen aus ausgewählten Planungsräumen um zusätzliches kommunales Geld bewerben, mit dem die pflichtige Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben angegangen werden kann. Bislang stehen hier andere Modelle im Vordergrund, die vor allem auf die individuellen Bedarfe der Kinder in der Einrichtung reagieren. Mit der Fachkraft für Inklusion könnte hier ein übergeordneter Standard etabliert werden, durch den die Bedarfe der Kinder früher erkannt und mit dem Fachkräfte in ihrer täglichen Arbeit gestärkt werden können.

Damit Inklusion gelingen kann, braucht es neben dem rechtlichen Anspruch auf inklusive Kindertagesförderung auch die Schaffung von Strukturen, um Fachkräften und Einrichtungen ein wirklich inklusives Arbeiten möglich zu machen.

Sonst bleibt Inklusion weiterhin Zufall und kein Recht, dass allen Kindern zu teil werden kann. 


Symbolfoto von Vecteezy

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